Das rasante Wachstum der E-Commerce-Umsätze hat eine Menge Aufsehen erregt, aber das Einkaufen im Geschäft verschwindet nicht. Es wird vorhergesagt, dass die Menschen bis 2025 7,4 Billionen USD online ausgeben werden, ein Wachstum von 43 % im Vergleich zu 2021. Allerdings werden die gesamten Einzelhandelsumsätze im Jahr 2025 laut Statista circa 31,27 Billionen US-Dollar erreichen. COVID-19 hat zweifelsohne die Einkaufsgewohnheiten der Kunden verändert. Physische Läden suchen jetzt nach Restrukturierungslösungen, um ihre Dienstleistungen an die Kundenerwartungen anzupassen. Zwei solche Neuheiten sind kassenlose und interaktive Läden. Was macht diese Systeme einzigartig und was sagen die Unternehmen, die diese implementieren, darüber?
Vor fast vier Jahrzehnten führte die Einzelhandelsbranche ein System zum eigenständigen Bezahlen der Ware für die Kunden ein. Zur damaligen Zeit war es eine revolutionäre Idee – ein Kunde ist für den gesamten Einkaufsvorgang verantwortlich, vom Entnehmen der Produkte aus den Regalen bis zum Scannen und Bezahlen. Ein Ladenmitarbeiter kann oft sechs bis zehn Selbstbezahlkassen gleichzeitig betreuen. Die aktuelle Neuigkeit im Einzelhandel ist ein Nehmen-und-Gehen-System, bei dem der Kunde in den Laden geht, seine gewünschten Produkte auswählt und einfach hinausgeht. Ein anderes innovatives System ist ein interaktiver digitaler Laden ohne Ladenpersonal. So, kann der Kunde den Verkaufsspezialisten über einen interaktiven Bildschirm kontaktieren und der Kunde erhält sein gewünschtes Objekt von einem Paketroboter. Diese beiden fortschrittlichen Dienstleistungen werden mit einem nahtlosen Einkaufserlebnis und einem schnellen und einfachen Bezahlvorgang verbunden, welches die Kunden schätzen, wurde es doch als einer der obersten fünf Gründe aufgeführt, warum der Online-Einkauf bevorzugt wird.
Kassenlose Geschäfte
2018 führte Amazon ein Geschäft ohne Kassierer oder Selbstbezahlsysteme mit dem Namen Amazon GO ein. Seit 2020 haben viele Supermärkte und Kioskketten ähnliche Systeme im Piloteinsatz: Carrefour in Dubai, Aldi UK in Greenwich, Tesco in London, Kortellikauppa und R-Kioski im Raum Helsinki etc. Wie funktioniert das System? Um den Laden zu betreten, muss man sich selbst identifizieren, z. B. durch Scannen des QR-Codes in der Nähe der Ladentür über eine spezielle App. Während man im Geschäft ist, registrieren Kameras und Sensoren jedes Produkt, das man wählt oder zurück ins Regal legt, und Artikel werden zu einem virtuellen Warenkorb hinzugefügt. Wenn man fertig ist, kann man einfach das Geschäft verlassen und das System belastet das Konto oder die Kreditkarte der Person.
Reitan Convenience Estonia, der Betreiber der R-Kiosk-Nahversorgungsgeschäfte in Estland, hat in diesem Frühjahr sein erstes kassierer- und kassenloses Geschäft in Estland an der Technischen Universität Tallinn eröffnet. Das Geschäft heißt R-Kiosk GO und ähnelt Amazon GO. R-Kiosk GO verwendet etliche Sensoren und Kameras mit moderner Technologie, welche die Gewichte der Produkte und deren Änderungen unterscheiden können. Mit Hilfe der Sensorik registriert das System die Kundeneinkäufe im virtuellen Einkaufswagen und belastet das Konto automatisch beim Verlassen des Geschäfts.
Um das Geschäft zu betreten, muss man die R-Kiosk GO App verwenden oder eine Kreditkarte vorzeigen, um den Eintritt zu registrieren und wählen, ob man allein oder mit weiteren Personen einkaufen ist. Berit Heinmets, Innovation Manager bei Reitan Convenience Estonia, bestätigt, dass die Menschen von der Einfachheit und Fortschrittlichkeit der Benutzererfahrung sehr beeindruckt sind. „Wir haben gelernt, dass im Fall einer solchen Lösung Kunden primär ihrer Intuition folgen und es bevorzugen, keine Anweisungen zu lesen. Obwohl R-Kiosk GO eine mobile App hat, in der die Kunden ihren Einkauf in Echtzeit und später die Einkaufsquittungen einsehen können, bevorzugen sie den Einsatz einer Kreditkarte zum Betreten des Geschäfts“, sagte sie. Heinmets fügte hinzu, dass der früher in diesem Jahr eröffnete R-Kiosk GO ganz bestimmt nicht der einzige R-Kiosk GO in Estland bleiben wird.
Eine Alternative zum Arbeitskräftemangel ist ein kassiererloses Geschäft, das den Menschen ein nahtloses Einkaufserlebnis bietet, wobei in manchen Fällen die Anwesenheit von Mitarbeitern im Laden unerlässlich ist. Z. B. müssen im Telekommunikationssektor Kunden das Verkaufspersonal kontaktieren.
Interaktive Geschäfte: Erstes Pilotprojekt in Estland
Eines der Probleme im Einzelhandel ist es, gute, langfristige Mitarbeiter zu finden. Es ist noch schwieriger, Ladenmitarbeiter in weniger dicht besiedelten Gebieten zu finden. Physische Läden können dem Problem entgegenwirken, indem sie mehr Selbstbezahlsysteme oder sogar einen kassiererlosen Laden eröffnen. Der Bedarf nach menschlicher Interaktion bleibt in einigen Fällen bestehen, z. B. wenn ein Kunde einen Rat von einem Verkäufer benötigt. Ein Telekommunikationsunternehmen in den nordischen und baltischen Ländern, Telia, hat nach einer Lösung für ein ähnliches Problem gesucht: eine Alternative zu teuren Verkaufsbüros in weniger dicht besiedelten Gebieten zu finden, wo deren Präsenz für die Kunden von großer Bedeutung ist. Sie gingen mit dem estnischen Technologieunternehmen Cleveron eine Partnerschaft ein, um eine interaktive Kiosklösung zu entwickeln und zu bauen.
Die Menschen können einfach in das digitale Vertretungsbüro reingehen. Wenn Sie etwas kaufen möchten oder eine Beratung benötigen, müssen sie sich während eines Anrufs bei einem Verkäufer identifizieren. Wenn sie ein neues Gerät benötigen, bezahlen sie dafür vor Ort und der Verkäufer lässt ihnen das entsprechende Produkt über einen Paketroboter zukommen. Ein Vertriebsmitarbeiter kann mehrere Self-Service-Kioske betreuen, während er hunderte oder sogar tausende Kilometer weit weg ist. Dies verringert das Problem mit der Suche nach Arbeitskräften. Cleverons Lösung ist für Innen- wie Außenbedingungen geeignet und gibt Unternehmen wie Telia größere Flexibilität, den genauen Standort ihres Self-Service-Geschäfts zu wählen.
Im Dezember 2021 eröffnete Telia seinen ersten digitalen Kiosk in Rapla, wo ein Jahr zuvor das traditionelle Büro geschlossen wurde. Katre Liiberg, Leiterin des estnischen Verkaufs- und Kundendienstes bei Telia, sagte, dass sie nach einer Möglichkeit gesucht hatten, ihre Präsenz in kleinen Städten überall in Estland in wirtschaftlich nachhaltig wiederherzustellen. “Aus kommunaler Sicht ist das Netzwerk regionaler Servicestellen von höchster Wichtigkeit; trotzdem sind die Lösungen, die bisher eingesetzt wurden, wirtschaftlich nicht tragfähig. Wir freuen uns, dieses Versprechen mit der Eröffnung eines digitalen Büros in Rapla einlösen zu können, wodurch die regionale Verfügbarkeit von Dienstleistungen und Kundendienst verbessert wird, während die Fähigkeiten der Menschen im Umgang mit digitalen Lösungen verbessert werden. Self-Service Läden sind unser Weg, strukturelle Bedenken innovativ und nachhaltig auszuräumen. Telia Estland hat Lösungen für den Innenbereich nun für ein Jahr und Lösungen für den Außenbereich für fast ein Jahr getestet und plant, Self-Service-Kioske in anderen Städten Estlands zu eröffnen.
Unsere Kunden haben die Dienstleistungen im digitalen Geschäft von Rapla sehr gut angenommen. Das sagt uns, dass wir das Richtige tun. Das Alter der Menschen, die den digitalen Laden besuchen sowie deren Gründe sind unterschiedlich. Einige sind einfach neugierig zu sehen, was es hier gibt; andere rufen den Vertriebsmitarbeiter an, um eine Antwort auf ihre Fragen zu bekommen. Es ist auch bemerkenswert, dass wir keine Werbekampagnen zur Förderung dieses interaktiven Geschäfts durchgeführt haben. Die Menschen haben uns auf natürliche Weise gefunden, was zeigt, dass dies eine lang erwartete Lösung war“, sagte Liiberg. Dank eines digitalen Verkaufsbüros müssen die Kunden in Rapla nicht mehr 60 Kilometer bis zur nächsten Stadt fahren, wenn sie ein neues Gerät brauchen oder mit einem Ladenmitarbeiter von Telia sprechen müssen. Sie können einfach einen interaktiven Kiosk in ihrer Heimatstadt besuchen.
Die Auswirkungen
Die Verringerung der Anzahl der Verkaufsmitarbeiter in einem Supermarkt bedeutet nicht zwingend, dass Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren, denn durch fortschrittliche Technologiesysteme können sich Ladenmitarbeiter darauf konzentrieren, mehr wertschöpfende Aufgaben zu erledigen, was unter anderem auch hilft, den NPS-Wert zu erhöhen. Laut dem Statistischen Bundesamts der USA, liegt die durchschnittliche Einzelhandelsumsatzrate in den USA bei circa 60 %. Da die Anzahl der Personalwechsel im Einzelhandel hoch ist, können neue Lösungen dieses Problem lindern. Das Konzept des interaktiven Kiosks erlaubt Verkäufern die Arbeit aus der Entfernung, und eine Person kann so mehrere interaktive Geschäfte betreuen. Alles, was dafür gebraucht wird, ist eine verlässliche Internetverbindung. Diese Lösung erlaubt den Einzelhändlern, Mitarbeiter nicht nur aus einem spezifischen Gebiet anzustellen und so ihren Einzugsbereich zu vergrößern. Sie hilft auch, Arbeitskosten zu reduzieren und teure Einzelhandelsfläche zu sparen, da die Waren in einem Paketroboter gelagert werden, wodurch Möbel zur Ausstellung der Waren und ein Kundenschalter durch einen interaktiven Bildschirm ersetzt werden.
Durch das Onlineshopping hat sich ein neuer Standard herausgebildet: schnelles und einfaches Bezahlen. Kassiererlose Läden und interaktive Kioske bieten ein noch besseres Omnichannel-Erlebnis, da ein Bedarf an physischen Läden bestehen bleibt. Kassiererlose und interaktive Läden haben deutliche Spuren in der Einzelhandelslandschaft hinterlassen. Werden sie in zehn Jahren die Norm sein?
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